Killerspiele verbieten!?

Obwohl laut eines ddp-Interviews mit einem Bekannten des Amokläufers von Winnenden, der Amokläufer Tim kein Killerspielefreak war: „Mit Computern hatte Tim nicht viel am Hut. Für das Internet habe er sich auch nicht begeistert.“ (s. fr-online) werden schon wieder Stimmen laut, die nach einem Verbot von so genannten Killerspielen schreien.

Da haben wohl einige die Debatten der letzten Jahre verschlafen.
Mehrere Überlegungen sprechen schließlich gegen ein Verbot von „Killerspielen“ als Lösung des Problems:

1. Die in jüngster Zeit vermehrte Anzahl von jugendlichen Amokläufern, konzentriert sich auf bestimmte Länder: USA, Deutschland, Finnland. Auch in Frankreich, Brasilien, Großbritannien, der Schweiz oder Japan gab es Amokläufer. Aber warum gab es bisher z.B. keine in Spanien, Italien oder Polen? Ist das nur eine Frage der Zeit, werden dort tatsächlich weniger „Killerspiele“ gespielt oder hat es ganz andere Ursachen?

2. Es gibt Menschen, welche sich mit Hilfe solcher Spiele abreagieren, dort ihrem Frust Luft lassen. Wir wissen nicht, wie viele von denen zum Amokläufer werden würden, wenn sie diesen Frust nicht mehr beim „Killerspiele“ spielen ablegen könnten.

3. Amokläufe gab es auch schon, bevor es diese Spiele gab.

Klar, kann man „Killerspiele“ gern verbieten – damit habe ich prinzipiell kein Problem. Nur braucht man sich nicht einbilden, damit hätte man die Ursache von Amokläufen bekämpft oder die ehemaligen Killerspielespieler würden dann automatisch sinnvolleren Tätigkeiten nachgehen.

Jeder Sozialwissenschaftler weiß, dass Modelle, welchen einen sozialen Effekt auf eine einzige Variable reduzieren, nichts taugen. So ist es auch in diesem Fall. Die soziale Wirklichkeit ist wesentlich komplexer…

Quellen:

[1] fr-online – Die doppelte Identität des Tim K.
[2] faz.net – Chronik: Kein Einzelfall: Amokläufe an Schulen
[3] spiegel.de – Chronik: Die schlimmsten Amokläufe
[4] sueddeutsche.de – Chronik: Amokläufe an Schulen und Universitäten

4 Gedanken zu „Killerspiele verbieten!?“

  1. Ja, die Killerspiele sind schuld, klar.
    Vielleicht ist aber auch HipHop alias Gangsterrap schuld? Oder es sind Filme wie die von Quentin Tarantino?

    Ich wette, dass spätestens jetzt die Angst vor Amokläufen größer ist, als die vor islamistischen Anschlägen. Haben wir es also mit einer ganz neuen, perfiden Form des Terrors zu tun? Aber wer terrorisiert hier eigentlich? Die Gesellschaft sich selbst!?

  2. @Ketzer: Es mag durchaus sein, dass Amok eine Form entpolitisierten Terrors ist. Amok mag eventuell ein Zornprojekt sein, das weder anschlussfähig noch anschlussbedürftig ist, d.h. für die Amoktat bedarf es keiner Rechtfertigung (in Form von Ideologie) und auch keiner Mobilisierung von Untersützen. Wer demnach terrorisiert ist der atomisierte, entpoliitisierte Mensch. Dieser verdient allerdings werder Anerkennung noch Mitleid, noch irgendeine verständnisvolle Geste.

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