Nein zur Kapital-Autokratie

Wieder mal eine Perle in der Analyse der aktuellen politischen Debatten. Lutz Wingert, Professor für Philosophie an der ETH Zürich, schreibt auf zeit.de über Klassenkampf und Armutsdebatte.

Ohne es direkt zu formulieren, so spricht er von undemokratischen und ungerechten Forderungen, wenn reiche Menschen weniger besteuert werden sollen, damit sie mehr spenden können. Der Einsatz dieser Spendengelder würde dann schließlich allein der Bestimmung des Spenders unterliegen. Steuergelder hingegen werden durch demokratisch legitimierte Gremien ausgegeben.

Ebenso zeigt er auf, dass der Lohn, den jemand für seine Arbeit bekommt, kein Indikator für dessen Leistungsbeitrag ist. Andernfalls würde man auf unzulässige Art Markterfolg mit Gerechtigkeit gleichsetzen.

In einer Demokratie müssen die Vertreter der sogenannten Leistungsträger natürlich gern ihre Forderungen aufstellen können. Allerdings muss man diese kapital-autokratischen Bestrebungen nicht auch noch unterstützen, wenn man selbst davon nichts hätte. Nein, man muss ihnen energisch entgegentreten und ihre Fehlanalysen auseinandernehmen.

Freiheit, Demokratie und Mauerfall

Das die Meinungen vieler Menschen ideologisch geprägt oder von Unwissenheit und Vorurteilen gezeichnet sind, ist leider traurige Realität.

Ein sehr guter Artikel auf zeit.de ruft deshalb anlässlich des 20. Jahrestags des Mauerfalls dazu auf, sowohl Gegenwart als auch Vergangenheit sachlich, unvoreingenommen und umfassend zu diskutieren.
Insbesondere die Ambivalenz des Begriffs „Freiheit“, der von manchen Menschen gern wie ein Schwert gezückt wird, um jede Systemkritik sofort verbal totzuschlagen, wird in dem Artikel stellenweise gut veranschaulicht – z. B. gleich zu Beginn mit einer Anekdote aus einem ostdeutschen Krankenhaus:

„[…] heute dürfe man zwar alles gegen den Staat, aber nichts mehr gegen die Chefs sagen. Wer die Zustände im Krankenhaus laut kritisiere, verliere seinen Job, das nenne sich dann Demokratie.“

Gut dazu passend ist auch ein Interview mit Mathias Platzeck auf fr-online.de zur Koalition zwischen SPD und der Linkspartei in Brandenburg.

Wer hat die guten Beziehungen zur Wirtschaft?

Am Sonntag wurde in Thüringen gewählt. Theoretisch ist eine Koalition zwischen Linke und SPD möglich und damit die Ablösung von Althaus.
Doch nicht jeder wünscht sich das. Während des Mittagessens in der TU Ilmenau wird schon um die wirtschaftliche Lage Thüringens gebangt, sollte die Linke an der Regierung beteiligt werden. O-Ton eines Kollegen: „Die CDU hat die besseren Verbindungen zu den Wirtschaftsbossen. Und diese Bosse würden einen weiten Bogen um Thüringen machen, wäre hier die Linke an der Macht. Diese Leute sind in solchen Fragen emotional und wenig rational. Das sind einfach konservative, die mögen die Linke nicht. Das ist nun mal so!“

Ja tatsächlich ist das so. Und wie konkret die Verbindungen zwischen CDU und Wirtschaft sind, zeigte letzte Woche ein Beitrag von Zapp:

Reinhard Laska, Redakteur „frontal 21“: „Es ist grotesk, dass ausgerechnet, diejenigen, die uns in diese schwere Krise, in diesen Schlamassel geführt haben, nämlich die Bankvorstände und die Landespolitiker, die in den Aufsichtsräten saßen und dem zugesehen haben, nun sich als heute als Retter aufspielen. Und wenn man dann allerdings mal kritisch nachfragt, nach der eigenen Verantwortung und Beteiligung an dieser schweren Krise, dann ducken die sich weg, da bekommen sie keine Interviews, solche Fragen möchte sich da niemand stellen lassen.“

Welcher Partei gehören die Politiker in den Aufsichtsräten wohl an?
Die vier Politiker, die in dem Beitrag interviewt werden sollen (Rüttgers, Oettinger, Carstensen und Freytag) sind jedenfalls alle in der CDU…
Der Aufsichtsratsvorsitzende der WestLB, Micheal Breuer, ist übrigens auch CDU-Mitglied.

Ich kaufe Bio!

Nur Birkenstockschuh- und Hanfpulliträger kaufen Öko?

Nein, schon lange nicht mehr! Sie waren zwar die first-adopters, denen kein Weg zu weit und kein Wetter zu schlecht war, um den Marsch zum nächsten Bio-Laden für ihren Einkauf anzutreten, aber sie sind schon lange nicht mehr allein. Immer mehr Bio-Produkte halten Einzug in die Regale der großen Supermarktketten und Discounter – und das nun schon seit Jahren. Die Nachfrage nach Bio-Produkten war teilweise so groß, dass die deutsche Landwirtschaft dem Bedarf nicht nachkommen konnte. Es musste Bio-Produkte aus Nachbarländern eingeführt werden. Es widerspricht auf dem ersten Blick zwar dem Gedanken einer nachhaltigen Landwirtschaft, wenn die Produkte erst über hunderte von Kilometern transportiert werden müssen, aber wenn die Nachfrage anhält, dann ziehen auch die deutschen Produzenten nach, wenn die Politik sie dabei unterstützt.

Seit 2001 gibt es deshalb auch das staatliche Bio-Siegel, welches die einzige Qualitätskennzeichnung ist, die EU-weit für Lebensmittel Gültigkeit hat und von wirtschaftlich unabhängigen Instanzen kontrolliert wird. Es steht für einheitliche Standards in der ökologischen Landwirtschaft und der artgerechten Tierhaltung. Nur Produkte, die diesen Standard erfüllen, dürfen als „Bio“- oder „Öko“-Produkte verkauft werden. Es hilft also den Verbrauchern bei der Orientierung und schützt die Erzeuger vor Trittbrettfahrern.

Obwohl der Bio-Trend nun schon so lange anhält, scheint es keine E-Kampagne zu diesen Thema zu geben. Dabei muss man sich nicht dafür schämen, wenn man Bio kauft. Im Gegenteil, man darf dies gern als Teil eines verantwortungsvollen Konsums propagieren. Deshalb habe ich zwei kleine Banner entworfen, die jeder Gleichgesinnte gern auf seine Website stellen darf:

Für die Zukunft wünsche ich mir: noch mehr Fairtrade Produkte im Handel!

Quellen:
[1] zeit.de – Bioboom verpennt?
[2] biosiegel.de – Das staatliche Bio-Siegel
[3] transfair.org

Arbeitsplätze über alles?

Die Angstmacherei vor dem Verlust von Arbeitsplätzen (s. letzter Eintrag), findet man im übrigen nicht nur im Kontext von einer höheren Steuer auf Wein. Auch bei der Diskussion um die CO2-Steuer oder um die Erhöhung der Tabaksteuer wurde dieses „Totschlagargument“ rausgeholt.
Auf den impliziten Unsinn dieses Arguments hatte Volker Pispers schon vor Jahren poentiert hingewiesen:

Sein Programm kann man übrigens auf DVD im Buchhandel erwerben. Sehr empfehlenswert!
Ich habe es zu Weihnachten bekommen.

Höhere Preise für Bier und Wein in Deutschland?

Ich bin dafür!

Man muss ja nicht gleich schwedische Verhältnisse schaffen, aber dass es in D zum Beispiel keine gesonderte Steuer auf Wein gibt, auf andere alkoholische Getränke aber schon, kann einfach nicht sein.
Ich glaube auch sehr, dass ein höherer Preis durch eine Alkoholsteuer (die man doch sicher ohne komplizierte Bürokratie an den Alkoholgehalt des Getränks koppeln kann) den Alkoholkonsum in D verringern würde.

Aber natürlich typisch, dass Wirtschaftsvertreter bei solchen Gedanken gleich anfangen rumzuzetern. So wie beispielsweise ein Vertreter der Weinindustrie in der heutigen 20-Uhr-Tagesschau. Von wegen in Krisenzeiten darf man keine höheren Steuern erheben, weil damit der Konsum gedrosselt werden würde. Wahrscheinlich hat er sich schon gefreut, dass endlich mal ne Krise ansteht, weil er erwartet, dass mehr Menschen aus Frust durch die Krise zum Alkohol greifen…
Achja klar und wenn man höhere Steuern auf Wein erheben würde, dann wären natürlich Arbeitsplätze bedroht. Und zwar gleich 100.000 an der Zahl! Wahnsinn: 100.000!  Warum nur kommt mir die Zahl so bekannt vor? Gibt es vielleicht irgendeinen schlauen Ratgeber für Wirtschaftsvertreter in dem steht: „Wenn durch politische Maßnahmen Arbeitsplätze bedroht sein könnten, dann sollte man immer auch eine Zahl (am besten 100.000) nennen, damit es dramatischer klingt.“ Ich würd mich nicht wundern, wenn der Weinkollege diesen Ratgeber gelesen hat… Also hol die Arbeitsplatzkeule raus und schlage damit um dich!