Simplifizierung vs. Verzerrung

In einem interessanten Interview mit einem Ilmenauer Professor des Instituts für Medien- und Kommunikationswissenschaft auf SPON äußert sich dieser zu dem Slogan „Raus aus Afghanistan“ und bezeichnet ihn als simplifizierte politische Kommunikation. Er fragt,

„wie viele afghanische Mädchen nicht zur Schule gehen würden, wenn Lafontaines „Raus“-Forderung Wirklichkeit würde.“

Und ich frage mich, ob diese Frage nicht impliziert, dass die Bundeswehr in Afghanistan unersetzlich sei? Schließlich ist sie ja nicht allein dort, also ganz aufgegeben wäre Afghanistan nicht, wenn die Bundeswehr abziehen würde. Kann die afghanischen Mädchen, die von der Bundeswehr zur Schule begleitet werden, wirklich niemand anderes begleiten?

5 Gedanken zu „Simplifizierung vs. Verzerrung“

  1. Ich gehe mal davon aus, dass kaum deutsche Soldaten Mädchen in die Schule begleiten. Man müsste mal im UNO-Mandat nachschauen, ob das überhaupt eine Aufgabe der ISAF ist.
    Ich gehe eher davon aus, dass der „Westen“ in Afghanistan bleibt, weil sonst Russland, China, Indien oder Pakistan ihre Interessen dort gern geltend machen können. Dass Deutschlands Sicherheit am Hindukusch verteidigt wird, naja das finde ich eine Verkürzung der Thematik: Wenn sich in Deutschland geborene, aufgewachsene junge Männer auf in ein Ausbildungslager in Pakistan oder Afghanistan machen, dann scheint mir doch eher an der Sozialisation in Deutschland was schief gelaufen zu sein. Deutschlands Sicherheit wird also meines Erachtens viel mehr in Deutschland verteidigt. Für die Wahrnehmung geostrategischer Interessen ist der Westen in Afghanistan. Ob diese tatsächlich auch im Interesse der Bundesrepublik sind, darüber kann man allerdings erst reden, wenn man damit anfängt. Letztlich ist das westliche Engagement eine Farce, denkt man nur daran, dass man Menschen unter Lebensgefahr ihre Stimmen abgeben lässt, für eine von vorn herein vollkommen gefälschte Angelegenheit. Das ist ein Skandal!

  2. Ganz recht Marco.
    Das der Westen und auch Deutschland nicht erst seit 9-11 an Afghanistan interessiert ist, kann man sehr gut in der Geschichte nachvollziehen. In einem Artikel bei jW – http://www.jungewelt.de/2009/09-11/022.php – weist der Autor darauf hin, dass Deutschland bereit seit über 100 Jahren Interessen in diesem Land dort hegt. Menschenrechte und Terrorabwehr sind wieder mal nur willkommene Strohpuppen.
    Der einzige Grund dort die Bundeswehr hinzuschicken ist m.E. die Bündnisverantwortung durch die NATO. Ob diese Verantwortung jedoch so weit gehen sollte, darüber kann man freilich geteilter Meinung sein…

  3. So etwas gibt ein Professor für Medien und Kommunikationstechnik an der TU Ilmenau von sich?
    Naja gut, er kennt sich eben gut mit Propaganda aus.

    Die Bundeswehr hat dort zumindest nichts verloren, sie ist gar nicht dazu befugt im Ausland zu „verteidigen“. Sie darf das nur wenn der Feind „vor der deutschen Grenze“ steht. Aber unser Grundgesetz muss man ja auch nicht so genau nehmen, gelle? Es werden mithilfe der Geheimdienste und besonderer Mithilfe der Medien Ereignisse erstellt und erfunden, die das „nötig machen, obwohl es niemand wollte“. Es geht doch um Schürfrechte oder nicht? Darum, dass die Wirtschaft durch den Krieg angetrieben wird. Ums Geschäft.

    Ein deutscher Arzt schreibt vom Alltag in Afghanistan: „Es ist die Hölle! Von 100 Verletzten die hier eingeliefert werden sind gerade mal zwei Taliban, 40 Kinder und 58 Zivilisten. Tut was! Tut irgendwas!“

    Ob der Herr Professor weiß was dort abgeht? Er ist wohl Opfer seines eigenen Bildungsstils geworden und hat sein Titel kaum verdient. Oder er weiß es und was er dann ist, das liegt auf der Hand! Ob der Professor weiß, dass für ein afghanisches Mädchen ein Glas sauberes Trinkwasser Luxus ist und der Einsatz der Bundeswehr nichts dazu beitragen kann?

    Wir jedenfalls wissen nichts von diesem seit gut 15 Jahren von Bomben gebeuteltem Land, deutscher, amerikanischer und englischer Uranmunition die das Land verseucht und alle Soldaten mit, weil es solche Institute für Medien- und Kommunikationswissenschaft sind, die neben nahezu allen anderen offiziellen Nachrichtensendern und Zeitungen, bezahlt oder geblendet werden „im Auftrag der Sicherheit“ für eine so reinwaschende Aussage. Wären mehr Journalisten dazu in der Lage, die Grundlagen ihres Jobs halbwegs ordentlich zu machen, sprich zu recherchieren und die Wahrheit wiederzugeben, wie es die gesetzlichen Grundlagen für Journalisten nun mal sind, wüssten wir Deutschen mehr und wären noch mehr empört über den Massenmord dort unten. Und die von unseren, amerikanischen und englischen Soldaten verschossene Uranmunition, die die getroffene Gegend für die nächsten 1,5 Millionen Jahre verseucht hat und auch die Überlebenden, irgendwann heimkehrenden Soldaten schädigt. Dann werden wir aber nichts erfahren von denen, die dann nur Fehlgeburten in die Welt setzen und an Krebs krepieren, dafür sorgen dann die Medien- und Kommunikationswissenschaftler die genau wissen wie man etwas NICHT an die Öffentlichkeit bringt.

  4. Hallo Pedta,

    vielen Dank für deinen Beitrag. Auch wenn deine Anti-Kriegseinstellung lobenswert ist, so ist die Verunglimpfung der Kompetenz des besagten Professors und der Disziplinen Medien- und Kommunikationswissenschaft unbegründet und falsch.
    Zum einen wussten die Herrschenden schon immer, wie man Informationen vertuscht und verdreht – dazu bedarf es keiner Wissenschaft.
    Zum anderen wünschst du dir selbst mehr kompetente Journalisten. Medien- und Kommunikationswissenschaftler erforschen u. a. auch eben genau diese Kompetenz der Journalisten und die Funktionsweise des deutschen Mediensystems. Du schießt also gegen das Falsche, denn das besagte IfMK kann eben auch zu der von dir gewünschten Kompetenzsteigerung beitragen. Allerdings erfolgt das Studium ohne Zwang eine bestimmte politische Meinung zu haben…
    Außerdem ist der Slogan „Raus aus Afghanistan“ natürlich „simplifizierte, politische Kommunikation“ wie der Professor sagt. Der Slogan passt auf ein Plakat rauf und Plakatslogans sind immer vereinfachend…

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