Schönbohm – Stoiber – Börner?

Ein Bericht bei Zapp zeigt sture Bürokraten in einem ostdeutschen Städtchen, die es mit dem Recht nicht immer so genau nehmen würden. Initiiert wurde die Recherche zu diesem Thema durch einen Film von Hans-Jürgen Börner, der auf der Suche nach Stasi-Mitarbeitern war, um die Motive ihrer Arbeit zu erfahren. Von einem Journalisten, der seit über 30 Jahren im Berufsleben steht, könnte man dabei freilich Sachlichkeit und Gelassenheit erwarten, die einen auftretenden Konflikt entschärfen würden. Stattdessen heizt seine Überheblichkeit das Problem nur an. Dialoge wie dieser:

Hartwig Ahlgrimm:„Wenn Sie im öffentlichen Verkehrsraum Filmaufnahmen machen, dann ist es Usus, dass Sie…“ Hans-Jürgen Börner, NDR-Reporter: „Nee, nee. Wo leben Sie?“ Hartwig Ahlgrimm: „In der Bundesrepublik.“ Hans-Jürgen Börner: „In der DDR!“ Hartwig Ahlgrimm: „Nein! In der Bundesrepublik.“

zeigen wie weit es mit der Sachlichkeit eines Hans-Jürgen Börner bestellt ist. Würde er das Argument mit der DDR etwa auch einem westdeutschen Bürokraten an den Kopf werfen? Börner verhält sich genauso unkooperativ wie der Ex-Stasi-Hauptmann, den er zuvor zur „Aufarbeitung der Geschichte“ aufforderte, da es ohne ihn „nur halb so schön wäre“ (s. Video, Timecode 1:26). Geschichtsaufarbeitung als Spaß-Erlebnis? Wenn Betonköpfe andere Betonköpfe aus Spaß weich klopfen wollen, was soll denn dabei herauskommen?

Von Zapp hätte ich an dieser Stelle allerdings mehr Hintergrundrecherche und Fakten gewünscht. Denn ab einer bestimmten Größe des Filmteams braucht man tatsächlich eine Drehgenehmigung im öffentlichen Verkehrsraum in Brandenburg und das hat nichts mit typisch DDR zu tun. (s. Quelle) Der stellvertretende Bürgermeister von Zossen hat diese Richtlinie vermutlich etwas fehlinterpretiert und wollte sich mal wichtig tun…

Auffallend ist aber, dass sich immer wieder Westdeutsche über 50 Jahren als die besten DDR-Kenner ausgeben möchten – die Äußerungen von Stoiber und Schönbohm sind ja nur allzu bekannt. Das ist platt, ignorant, verbohrt und arrogant. Klar haben sie die meiste Zeit der Teilung selbst erlebt und haben damit einen profunden Erfahrungsschatz. Sie sind damit aber auch der längsten Zeit der Propaganda des Kalten Krieges ausgeliefert gewesen oder haben sie vielleicht sogar selbst erzeugt. Mir reicht es aber, dass man teilweise immer noch dieser Propaganda ausgesetzt wird.

Ich erinnere mich nur zu gut an den schon betagten Ausstellungsführer einer Ausstellung zum Berliner Stadtschloss vor einigen Jahren, der zuvor eine Gruppe noch betagterer Ausstellungsbesucher verabschiedet hatte. Auf die Frage einer Gruppe von Studenten, warum man das Stadtschloss wieder aufbauen möchte, polterte dieser sogleich los: „Ich habe das Stadtschloss noch selbst erlebt, wie es dort gestanden hat und dann von diesen verbrecherischen Kommunisten aus der DDR zerstört wurde, damit dort dieser hässliche Betonklotz hin konnte. Ich werde nicht eher ruhen, bis der Klotz weg ist und das Stadtschloss wieder steht.“ Von so viel selbstlosem und ideologiefreiem Engagement für die Zukunft Berlins sichtlich überrascht, quittierten die jungen Leute diese Information mit einem verständnisvollem und mitleidigem Nicken…

Die Motive von Börner mögen dabei vielleicht sogar ehrenvoll und einer objektiven Aufarbeitung der Geschichte dienlich sowie seine Recherchen aufwendig sein. Ein Mensch mit einer derartigen Vergangenheit erscheint mir als neutraler Aufarbeiter aber sehr ungeeignet. Ich bekomme eher den Verdacht, es handelt sich um einen persönlichen Rachefeldzug, der kurz vor Börners Pensionierung noch etwas Aufmerksamkeit erzeugen und das Ego befriedigen soll.

2 Gedanken zu „Schönbohm – Stoiber – Börner?“

  1. Sorry, EB-Filmteams umfassen normalerweise einen Kammeramann bzw. Kamerafrau, einen Assistenten/Assistentin und der Redakteur war wohl auch dabei. Nach Kran, Schienen, Scheinwerfern etc. sieht das ganze nicht aus. Schön, dass hier eine Flitzpiepe in Schutz genommen werden soll, aber die folgenden O-Töne belegen doch wohl, dass der Zusammenprall System hat.

    „Der stellvertretende Bürgermeister von Zossen hat diese Richtlinie vermutlich etwas fehlinterpretiert und wollte sich mal wichtig tun… “

    [Um jetzt ganz gemein zu sein: wie seinerzeit die Mauerschützen …]

    Überheblich ist in diesem Clip ein Bürokrat, der sich auf dünnem Eis bewegt – und das möglicherweise nicht versehentlich sondern bewusst.

  2. Ja, die Person, die du Flitzpiepe nennst, war überheblich. Aber Börner reagierte eben nicht minder überheblich und m.E. in keiner Weise deeskalierend.
    Aber was soll man auch anderes erwarten!? Wenn einem schon mal ein bornierter ostdeutscher Kleinstadtbürokrat vor die Linse rennt, warum sollte man ihn dann besänftigen!? Denn dann würde die Story ja womöglich viel weniger Aufmerksamkeit erhalten…

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